<<

 

Musik

Ich konnte lange Zeit nicht nachvollziehen, warum die Orgel die "Königin der Instrumente" genannt wird.
Heute weiß ich es.
Orgelmusik ist mehr als Musik - sie ist eine Kraft, ein Sturm, ein Meer. Sie ist nicht zu verstehen, hat keine Melodie zum Mitsummen, ist nicht freundlich und sanft. Sie will nicht unterhalten, sie will nicht erfreuen - sie will aufwühlen, will Gedanken und Gefühle aufwirbeln, will dem Hörer die Töne, die Klangwellen bis ins Herz treiben, will ihm das Herz weit, weit öffnen, so weit, dass Licht und Dunkelheit herausströmen, ins Bewusstsein treten, den Menschen vom Genießen wegbringen und zur Selbsterkenntnis führen...
Gleichzeitig ist diese Musik das größte Gotteslob, das ich mir vorstellen kann. Sie ist so groß und so großartig, dass sie den Verstand so weit übersteigt, wie es möglich ist bei einer von Menschen gemachten Musik, und sich dadurch Gott annähert... Sie kehrt das Innerste nach außen und lässt das Herz erzittern, weil ihre Tiefen und Höhen einen Widerhall in ihm finden, so dass die Seele mitmusiziert zu Gottes Ehre.
Sie ist wahrhaftig die Königin der Instrumente, eine Orgel ist das majestätischste Instrument - nicht weil sie groß ist oder laut oder den größten Tonumfang hat, sondern weil diese Musik auf ihr entsteht.
Orgelmusik ist die leichteste Musik.
Nicht die am leichtesten nachvollziehbare. Nein, sondern es ist die Musik, bei der man am leichtesten begreifen kann, was das höchste Ziel, die eigentliche Bestimmung der Musik ist: nicht zu unterhalten, sondern als erstes Gott zu loben und als zweites die Menschen zu verändern.

Aber das Großartigste ist, dass ich jetzt darum nicht Orgel spielen lernen muss, sondern dass jedes Instrument, dass jeder Gesang diese Bestimmung erfüllen kann. Gott freut sich ebenso über meinen Gesang unter der Dusche wie über das Orgelkonzert, und er freut sich auch, wenn ich mich bei diesem Konzert berühren lasse, mein Herz öffnen lasse und ihn ganz tief in meinem Inneren voller Staunen anbete...

© BzN

↑↑